Baum zur Guten Hoffnung (Archiv)

Bericht Urner Woche

21. Mai 2022

Göschenen | Künstlerin Vera Staub stösst mit Onlinekunstprojekt «Baum zur Guten Hoffnung» auf grosse Resonanz

Hoffnungsschimmer in dunkler Zeit setzen

Franka Kruse

Es gibt Situationen im Leben - da fehlen einem die Worte. Da ver schlägt es einem die Stimme, da fühlt man sich sprach- und macht- los. Dieses Gefühl kennt wohl so manche und so mancher, seit die Bilder vom Grauen und Schrecken des Krieges wieder in Europa ein gezogen sind, seit dem Angriff Russlands im Februar dieses Jahres auf die Ukraine.

"Mich hat der Ukraine-Krieg sehr erschüttert", sagt Vera Staub, Künstlerin aus Göschenen. Nicht allein, weil ihre Schwiegertochter Russin ist und deren Grosseltern aus der Ukraine stammen und plötzlich persönlicher Bezug entstand. Vielmehr setzt sich Vera Staub seit Jahren mit ihrer Kunst für die Gedanken der Freiheit und des Friedens weltweit ein. Zuletzt als Schweizer Teilnehmerin eines internationalen Onlinekunstprojekts zum 75-jährigen Bestehen der UNO (das UW berichtete) im Jahr 2020/21. Zudem nahm sie seit 2009 regelmässig an internationa len Symposien in Rumäinien teil, an denen Kunstschaffende aus der ganzen Welt im Zeichen der Freundschaft und des Friedens kreativ an einer gemeinsamen Aus stellung arbeiteten.

Von der Schweiz bis Haiti

So lag ihr nichts näher, als auch in der aktuellen Situation, in der ihr die Worte zum Ausdruck ihrer Gedanken fehlten, im kreativen Prozess einen Weg zu finden, mit ihrer ersten Sprachlosigkeit umzugehen. "Ich musste etwas machen", sagt Vera Staub. "Wenn etwas passiert, das mich berührt, wächst Neues - meist Gutes- heran."

Sie besann sich auf ein Motiv, das schon mehrfach in ihren Projekten Verwendung fand - schwangere Bäuche, geformt aus Kunstharz, Latex oder auch Gips als Teil einer Installation. "Man geht mit etwas schwanger". "Man ist guter Hoffnung." Dieses Wortspiel bezie hungsweise Synonym spann die Künstlerin weiter und startete auf Facebook ein Onlinekunstprojekt unter dem Titel "Baum zur Guten Hoffnung" beziehungsweise "Tree of hope". Ihr weltweiter Aufruf, ihr Fotos von Bäumen zu schicken, findet seit einigen Wochen grosse Resonanz. Aus der Schweiz, Italien, Spanien, Rumänien, aus der Türkei und von Haiti erreichten sie Baumfotos; mal sind sie eingebettet in städtische Räume, mal Soli täre in weiter Landschaft, mal klitzeklein im Hintergrund eines Schlachtendenkmals

Vera Staub nimmt diese Baumbilder und interpretiert sie zeichne risch neu, hängt mit dem Stift bunte, schwangere Bäuche an die Aste. Mal auffällig gross, mal klein und fast versteckt im Hintergrund als Zeichen der Guten Hoffnung. Sie mache dies völlig wertfrei, sagt Vera Staub. Etwas Neues entstehe, das sie aus den Händen gebe, sobald es online gehe und als Kunstaktion über das World Wide Web am schnellsten die Menschen erreiche.

Es gehe ihr in dem Kunstprojekt nur darum, einen Hoffnungsschim Künstlerin. mer in dunkler Zeit zu setzen. Im Titel ihres Projekts habe sie bewusst die Worte "Baum zur Guten Hoffnung" gewählt. Das erinnere mehr an ein Restaurant, an einen Ort zum Sich-Hinsetzen. "Das wünsche ich mir auch: sich in die Hoffnung setzen, ja sich Niederlas-sen in der Hoffnung", sagt die Künstlerin.

Ein Wunsch, der im Netz jenseits der Schweizer Grenzen wohl ver standen wird, denn immer mehr Fotos erhält die Göschener Künstlerin. Dachte sie zuerst daran, das Kunstprojekt lediglich bis Pfingsten laufen zu lassen, so will sie sich jetzt nicht auf ein Ende der Aktion festlegen lassen. Und so erreichen ihre "Bäume zur Guten Hoffnung" etwa alle zwei Tage all jene, die Vera Staub auf den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Whatsapp folgen oder das Projekt einfach auf ihrer Website anschauen möchten.